Aufgaben des Sonderpädagogischen Begabungszentrum

1. Durchführung von Intelligenztests

Die Anwendung von Intelligenztests zur Diagnose einer intellektuellen Hochbegabung wird in der Literatur kontrovers erörtert. Bei Nichtbehinderten wird in der Regel ein Intelligenzquotient (IQ) von über 120 Punkten als Kriterium einer besonderen Begabung gesehen.
Bei behinderten hochbegabten Kindern und Jugendlichen müssen bei der Auswahl und Durchführung von Intelligenztests die sensorischen und/oder körperlichen Beeinträchtigungen berücksichtigt werden. Modifikationen sind u.U. notwendig, damit die Gefahr einer Fehldiagnose verringert wird. Deshalb muss der IQ-Grenzwert flexibel gehandhabt werden und es müssen weitere Informationsquellen (wie z.B. Lehrerurteile, Zeugnisnoten,...) u.U. hinzugezogen werden.
Trotz aller berechtigter Kritik an Intelligenztest, die sich vor allem auf die mangelnde Prognose vom späteren schulischen Erfolg bezieht, weisen Testverfahren zur Intelligenzmessung einige Vorteile für die beraterische Praxis auf:

  • 1. Intelligenztests lassen zuverlässige und objektive Aussagen über Begabungsschwerpunkte, -defizite und Intelligenzhöhe zu, aufgrund derer eine gezielte Förderung initiiert werden kann.  
  • 2. Bei fehlender (schulischer) Leistung kann eine Hochbegabung somit erfasst werden.  
  • 3. Eine frühe Identifikation mittels IQ-Wert wirkt präventiv und kann u.U. spätere schulische Probleme vermeiden helfen.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die oftmals unprofessionelle Interpretation von Intelligenztests. Daher sollte die Durchführung, Auswertung und Interpretation nur von Fachleuten mit testdiagnostischer, sonderpädagogischer und hochbegabungsspezifischer Ausbildung durchgeführt werden.

2. Beratung von hochbegabten Kindern und Jugendlichen

Hochbegabte Kinder und Jugendliche werden in aller Regel gemeinsam mit ihren Eltern das sonderpädagogische Begabungszentrum aufsuchen.
Die Beratung von weist je nach Alter unterschiedliche Schwerpunkte auf:

  • Entwicklungsvorsprünge machen sich schon im Kindergartenalter bemerkbar. Die Beratung soll Eltern und Erzieher über eine angemessene Förderung informieren und soziale Probleme wie z.B. Außenseitertum verhindern.
  • In der Grundschule steht die Feststellung der Bedürfnisse und möglicher Probleme sowie die adäquate Förderung im Vordergrund. Dazu werden die Eltern und Lehrer über die Problematik informiert. Gemeinsam mit dem betroffenen Kind werden günstige Bedingungen des Lernens und für Entwicklung gesucht. Hierunter fallen auch persönliche Gespräche zur emotionalen Unterstützung sowie die Anregung und Entwicklung von neuen Interessen und fachspezifischem Wissen.
  • In der Sekundarstufe werden die bisher genannten Prozesse fortgeführt. Es geht weiterhin um die Planung der schulischen bzw. beruflichen Laufbahn und die Entwicklung eines realistischen Selbstkonzepts.
    Während der Beratung steht in jeder Phase selbstverständlich das Kind bzw. der Jugendliche mit seinen Interessen, Bedürfnissen und seiner optimalen Entwicklung im Vordergrund.

3. Beratung von hochbegabten Kindern bzw. Jugendlichen und ihren Eltern

Die Eltern als der größte Anteil des Beratungsklientels wenden sich meist an das sonderpädagogische Begabungszentrum, wenn sie erste Anzeichen einer Hochbegabung bei ihren Kindern festgestellt haben. Der Familie kommt bei der Entfaltung der Hochbegabung wesentliche Bedeutung zu, da sie erste Indikatoren einer Hochbegabung schon recht früh erkennen und ein dementsprechendes häusliches Förderangebot bereitstellen.
Viele Eltern haben Hemmung, eine Beratungsstelle aufzusuchen. Deshalb wenden sie sich erst dann an Beratungsstellen, wenn massive Verhaltensprobleme bestehen bzw. die Unterforderung in der Schule unübersehbar ist. Eine rechtzeitiger Besuch kann Problemen präventiv entgegenwirken. Es bestehen bei der Elternberatung verschiedene Schwerpunkte:

  1. Eltern bekommen Ratschläge und Hilfen im Umgang mit Unsicherheiten bezüglich der Hochbegabung ihres Kindes und dessen Förderung.
  2. Eine weitere wichtige Aufgabe besteht in der Kooperation zwischen Schule und Elternhaus. Die Eltern werden über ihre Rolle in der Schule, über Schwierigkeiten mit Lehrern und über die Möglichkeiten der Zusammenarbeit informiert.
  3. Bei der Organisation und Mitarbeit konkreter Fördermaßnahmen werden konkrete Handlungsmöglichkeiten den Eltern an die Hand gegeben.

4. Beratung von Lehrern

Die Beratung von Lehrern umfasst sowohl Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen als auch die Hilfs- und Unterstützungsangebote im Einzelfall bei problematischen Schülern. Die Notwendigkeit eines solchen Beratungsangebotes wird von verschiedener Seite immer wieder für notwendig und hilfreich erachtet. Dabei wird die Verbindung zwischen Wissenschaft und Praxis stets betont, damit die neusten theoretischen Erkenntnisse in die Lehrerbildung mit einfließen.
Zu den Weiterbildungsmaßnahmen gehören auch Informationen, damit Lehrer hochbegabte Schüler besser erkennen und erste Anzeichen wahrnehmen. In der Hochbegabtenförderung haben sich sog. "Lehrerchecklisten" bewährt, die zwar nicht empirisch abgesichert sind, aber in der Praxis durchaus zur Erkennung einer Hochbegabung eingesetzt werden können.

5. Akademische Beratung

Ein besonderer Schwerpunkt, der die drei zuvor genannten Punkte mehr oder weniger mit einbezieht, stellt die akademische Beratung dar. Hierunter wird die Beratung zu allen Problemen und Fragen im schulischen und außerschulischen Bereich verstanden. Durch die akademische Beratung soll die Kooperation zwischen Elternhaus und Schule verbessert werden. Die hochbegabten Kinder und Jugendlichen sowie die Eltern können damit aktiv auf Schullaufbahnentscheidungen sowie außerschulische Fördermaßnahmen Einfluss nehmen.
Darunter fallen folgende Inhalte:

  • Entscheidungshilfen zu Akzelerationsmaßnahmen: Überspringen von Klassen oder frühzeitige Einschulung, Besuch von D-Zug Klassen
  • Entscheidungshilfen zu Enrichmentmaßnahmen: Schulische und außerschulische Fördermöglichkeiten, Auslandaufenthalte, Belegung von Kursen an Universitäten
  • Beratung zur Schullaufbahn: Schulwahl, Spezialschulen für Hochbegabte, Sonderschulen
  • Umgang mit Behinderung und/ oder Förderung von Defiziten  

Das Ziel der akademischen Beratung ist die Erstellung eines Förderkonzepts, das auch die individuellen Bedürfnisse des hochbegabten Kindes zugeschnitten ist. Dabei sollen die intellektuellen Fähigkeiten und mögliche Lern- und Leistungsschwierigkeiten in Hinblick auf eine optimale Entwicklung gefördert werden.

6. Beratung bei Underachievement

Behindernde Faktoren (wie emotionale, soziale oder körperliche Erschwernisse) werden bei allen o.g. Beratungsaufgaben mehr oder weniger thematisiert werden. Trotzdem soll dieser Punkt noch einmal explizit angeführt werden, da er als ein wesentlicher "Risikofaktor" am Zustandekommen von Leistungsversagen (=Underachievement) in der Literatur angeführt wird. Hochbegabte können ihr hohes kognitives Potential häufig nicht in entsprechende schulische Leistungen umsetzen.

7. Beratung zu technischen Hilfsmitteln

Neben der Bereitstellung eines Beratungsangebotes, das die o.g. Faktoren berücksichtigt, werden im Einzelfall pragmatische Hilfen wie z.B. Informationen über technische Hilfsmittel oder Vermittlung von Adressen zur Feststellung einer zentral-auditiven Wahrnehmungsstörung, eines Aufmerksamkeits- Defizit- Syndroms oder weiterer Teilleistungsstörungen geleistet.